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Переводы русской литературы
Translations of Russian literature


Vor dem Palaste des Menelas zu Sparta (Fortsetzung)

Helena.

Das Uebel das ich brachte darf ich nicht
Bestrafen. Wehe mir! Welch streng Geschick
Verfolgt mich, überall der Männer Busen
So zu bethören, daß sie weder sich
Noch sonst ein Würdiges verschonten. Raubend jetzt,
Verführend, fechtend, hin und her entrückend,
Halbgötter, Helden, Götter, ja Dämonen,
Sie führten mich im Irren her und hin.
Einfach die Welt verwirrt’ ich, doppelt mehr,
Nun dreyfach, vierfach bring’ ich Noth auf Noth.
Entferne diesen Guten, laß ihn frei;
Den Gottbethörten treffe keine Schmach.

Faust.

Erstaunt, o Königin, seh’ ich zugleich
Die sicher Treffende, hier den Getroffnen;
Ich seh’ den Bogen, der den Pfeil entsandt,
Verwundet jenen. Pfeile folgen Pfeilen
Mich treffend. Allwärts ahn’ ich überquer
Gefiedert schwirrend sie in Burg und Raum.
Was bin ich nun? Auf einmal machst du mir
Rebellisch die Getreusten, meine Mauern
Unsicher. Also fürcht’ ich schon, mein Heer
Gehorcht der siegend unbesiegten Frau.
Was bleibt mir übrig, als mich selbst und alles,
Im Wahn das Meine, dir anheim zu geben?
Zu deinen Füßen laß mich, frei und treu,
Dich Herrin anerkennen, die sogleich
Auftretend sich Besitz und Thron erwarb.

Lynceus

(mit einer Kiste und Männer die ihm andere nachtragen).

Du siehst mich, Königin, zurück!
Der Reiche bettelt einen Blick,
Er sieht dich an und fühlt sogleich
Sich bettelarm und fürstenreich.
Was war ich erst? was bin ich nun?
Was ist zu wollen? was zu thun?
Was hilft der Augen schärfster Blitz!
Er prallt zurück an deinem Sitz.
Von Osten kamen wir heran
Und um den Westen war’s gethan;
Ein lang und breites Volksgewicht,
Der erste wußte vom letzten nicht.
Der erste fiel, der zweyte stand,
Des dritten Lanze war zur Hand;
Ein jeder hundertfach gestärkt,
Erschlagne Tausend unbemerkt.
Wir drängten fort, wir stürmten fort,
Wir waren Herrn von Ort zu Ort;
Und wo ich herrisch heut befahl
Ein andrer morgen raubt’ und stahl.
Wir schauten, – eilig war die Schau;
Der griff die allerschönste Frau,
Der griff den Stier von festem Tritt,
Die Pferde mußten alle mit.
Ich aber liebte zu erspähn
Das Seltenste was man gesehn,
Und was ein andrer auch besaß,
Das war für mich gedörrtes Gras.
Den Schätzen war ich auf der Spur,
Den scharfen Blicken folgt’ ich nur,
In alle Taschen blickt’ ich ein,
Durchsichtig war mir jeder Schrein.
Und Haufen Goldes waren mein,
Am herrlichsten der Edelstein:
Nun der Smaragd allein verdient
Daß er an deinem Herzen grünt.
Nun schwanke zwischen Ohr und Mund
Das Tropfeney aus Meeresgrund;
Rubinen werden gar verscheucht,
Das Wangenroth sie niederbleicht.
Und so den allergrößten Schatz
Versetz’ ich hier auf deinen Platz,
Zu deinen Füßen sey gebracht
Die Ernte mancher blutigen Schlacht.
Der Eisenkisten hab’ ich mehr;
Erlaube mich auf deiner Bahn
Und Schatzgewölbe füll’ ich an.
Denn du bestiegest kaum den Thron,
So neigen schon, so beugen schon
Verstand und Reichthum und Gewalt
Sich vor der einzigen Gestalt.
Das alles hielt ich fest und mein,
Nun aber lose, wird es dein,
Ich glaubt’ es würdig, hoch und baar,
Nun seh’ ich, daß es nichtig war.
Verschwunden ist was ich besaß,
Ein abgemähtes welkes Gras.
O gib mit einem heitern Blick
Ihm seinen ganzen Werth zurück!

Faust.

Entferne schnell die kühn erworbne Last,
Zwar nicht getadelt aber unbelohnt.
Schon ist ihr alles eigen was die Burg
Im Schoß verbirgt, Besondres ihr zu bieten
Ist unnütz. Geh’ und häufe Schatz auf Schatz
Geordnet an. Der ungeseh’nen Pracht
Erhabnes Bild stell’ auf! Laß die Gewölbe
Wie frische Himmel blinken, Paradiese
Von leblosem Leben richte zu.
Voreilend ihren Tritten laß beblümt
An Teppich Teppiche sich wälzen; ihrem Tritt
Begegne sanfter Boden; ihrem Blick,
Nur Göttliche nicht blendend, höchster Glanz.

Lynceus.

Schwach ist was der Herr befiehlt,
Thut’s der Diener, es ist gespielt:
Herrscht doch über Gut und Blut
Dieser Schönheit Uebermuth.
Schon das ganze Heer ist zahm,
Alle Schwerter stumpf und lahm,
Vor der herrlichen Gestalt
Selbst die Sonne matt und kalt,
Vor dem Reichthum des Gesichts
Alles leer und alles nichts.

(Ab.)

Helena (zu Faust).

Ich wünsche dich zu sprechen, doch herauf
An meine Seite komm’! der leere Platz
Beruft den Herrn und sichert mir den meinen.

Faust.

Erst knieend laß die treue Widmung dir
Gefallen, hohe Frau; die Hand, die mich
An deine Seite hebt, laß mich sie küssen.
Bestärke mich als Mitregenten deines
Gränzunbewußten Reichs, gewinne dir
Verehrer, Diener, Wächter all’ in Einem.

Helena.

Vielfache Wunder seh’ ich, hör’ ich an,
Erstaunen trifft mich, fragen möcht’ ich viel.
Doch wünscht’ ich Unterricht, warum die Rede
Des Mann’s mir seltsam klang, seltsam und freundlich.
Ein Ton scheint sich dem andern zu bequemen,
Und hat ein Wort zum Ohre sich gesellt,
Ein andres kommt, dem ersten liebzukosen.

Faust.

Gefällt dir schon die Sprechart unsrer Völker
O so gewiß entzückt auch der Gesang,
Befriedigt Ohr und Sinn im tiefsten Grunde.
Doch ist am sichersten wir üben’s gleich,
Die Wechselrede lockt es, ruft’s hervor.

Helena.

So sage denn, wie sprech’ ich auch so schön?

Faust.

Das ist gar leicht, es muß vom Herzen gehn.
Und wenn die Brust von Sehnsucht überfließt,
Man sieht sich um und fragt –

Helena.

Wer mit genießt,

Faust.

Nun schaut der Geist nicht vorwärts nicht zurück,
Die Gegenwart allein –

Helena.

Ist unser Glück.

Faust.

Schatz ist sie, Hochgewinn, Besitz und Pfand;
Bestätigung wer gibt sie?

Helena.

Meine Hand.

Chor.

Wer verdächt’ es unsrer Fürstin
Gönnet sie dem Herrn der Burg
Freundliches Erzeigen.
Denn gesteht, sämmtliche sind wir
Ja Gefangene, wie schon öfter
Seit dem schmählichen Untergang
Ilios und der ängstlich-
Labyrinthischen Kummerfahrt.
Fraun, gewöhnt an Männerliebe,
Wählerinnen sind sie nicht,

Aber Kennerinnen.

Und wie goldlockigen Hirten,
Vielleicht schwarzborstigen Faunen,
Wie es bringt die Gelegenheit,
Ueber die schwellenden Glieder
Vollertheilen sie gleiches Recht.
Nah und näher sitzen sie schon
An einander gelehnet,
Schulter an Schulter, Knie an Knie;
Hand in Hand wiegen sie sich
Ueber des Throns
Aufgepolsterter Herrlichkeit.
Nicht versagt sich die Majestät
Heimlicher Freuden
Vor den Augen des Volkes
Uebermüthiges Offenbarseyn.

Helena.

Ich fühle mich so fern und doch so nah,
Und sage nur zu gern: da bin ich! da!

Faust.

Ich athme kaum, mir zittert, stockt das Wort,
Es ist ein Traum, verschwunden Tag und Ort.

Helena.

Ich scheine mir verlebt und doch so neu,
In dich verwebt, dem Unbekannten treu.

Faust.

Durchgrüble nicht das einzigste Geschick,
Daseyn ist Pflicht und wär’s ein Augenblick.

Phorkyas (heftig eintretend).

Buchstabirt in Liebes-Fibeln,
Tändelnd grübelt nur am Liebeln,
Müßig liebelt fort im Grübeln,
Doch dazu ist keine Zeit.
Fühlt ihr nicht ein dumpfes Wettern?
Hört nur die Trompete schmettern,
Das Verderben ist nicht weit.
Menelas mit Volkes-Wogen
Kommt auf euch herangezogen;
Rüstet euch zu herbem Streit!
Von der Sieger-Schaar umwimmelt,
Wie Deiphobus verstümmelt,
Büßest du das Fraun-Geleit.
Bammelt erst die leichte Waare,
Dieser gleich ist am Altare
Neugeschliffnes Beil bereit.

Faust.

Verwegne Störung! widerwärtig dringt sie ein,
Auch nicht in Gefahren mag ich sinnlos Ungestüme.
Den schönsten Boten Unglücksbotschaft häßlicht ihn;
Du Häßlichste gar nur schlimme Botschaft bringst du gern.
Doch dießmal soll dir’s nicht gerathen, leeres Hauchs
Erschüttere du die Lüfte. Hier ist nicht Gefahr,
Und selbst Gefahr erschiene nur als eitles Dräun.

(Signale, Explosionen von den Thürmen, Trompeten und Zinken,
kriegerische Musik, Durchmarsch gewaltiger Heereskraft.)

Faust.

Nein gleich sollst du versammelt schauen
Der Helden ungetrennten Kreis:
Nur der verdient die Gunst der Frauen,
Der kräftigst sie zu schützen weiß.

(Zu den Heerführern, die sich von den Colonnen absondern und herantreten.)

Mit angehaltnem stillen Wüthen,
Das euch gewiß den Sieg verschafft,
Ihr Nordens jugendliche Blüthen,
Ihr Ostens blumenreiche Kraft.
In Stahl gehüllt, vom Strahl umwittert,
Die Schaar die Reich um Reich zerbrach,
Sie treten auf, die Erde schüttert,
Sie schreiten fort, es donnert nach.
An Pylos traten wir zu Lande,
Der alte Nestor ist nicht mehr,
Und alle kleinen Königsbande
Zersprengt das ungebundne Heer.
Drängt ungesäumt von diesen Mauern
Jetzt Menelas dem Meer zurück!
Dort irren mag er, rauben, lauern,
Ihm war es Neigung und Geschick.
Herzoge soll ich euch begrüßen,
Gebietet Sparta’s Königin,
Nun legt ihr Berg und Thal zu Füßen,
Und euer sey des Reichs Gewinn.
Germane du! Corinthus Buchten
Vertheidige mit Wall und Schutz,
Achaia dann mit hundert Schluchten
Empfehl’ ich Gothe deinem Trutz.
Nach Elis ziehn der Franken Heere,
Messene sey der Sachsen Loos,
Normanne reinige die Meere
Und Argolis erschaff’ er groß.
Dann wird ein jeder häuslich wohnen,
Nach außen richten Kraft und Blitz;
Doch Sparta soll euch überthronen,
Der Königin verjährter Sitz.
All-Einzeln sieht sie euch genießen
Des Landes dem kein Wohl gebricht;
Ihr sucht getrost zu ihren Füßen
Bestätigung und Recht und Licht.

(Faust steigt herab, die Fürsten schließen einen Kreis um ihn,
Befehl und Anordnung näher zu vernehmen.)

Chor.

Wer die Schönste für sich begehrt,
Tüchtig vor allen Dingen
Seh’ er nach Waffen weise sich um;
Schmeichelnd wohl gewann er sich
Was auf Erden das Höchste;
Aber ruhig besitzt er’s nicht:
Schleicher listig entschmeicheln sie ihm,
Räuber kühnlich entreißen sie ihm,
Dieses zu hindern sey er bedacht.
Unsern Fürsten lob’ ich drum,
Schätz’ ihn höher vor andern,
Wie er so tapfer klug sich verband,
Daß die Starken gehorchend stehn
Jedes Winkes gewärtig.
Seinen Befehl vollziehn sie treu,
Jeder sich selbst zu eignem Nutz,
Wie dem Herrscher zu lohnendem Dank,
Beiden zu höchlichem Ruhmes-Gewinn.
Denn wer entreißet sie jetzt
Dem gewalt’gen Besitzer?
Ihm gehört sie, ihm sey sie gegönnt,
Doppelt von uns gegönnt, die er
Sammt ihr zugleich innen mit sicherster Mauer,
Außen mit mächtigstem Heer umgab.

Faust.

Die Gaben, diesen hier verliehen –
An jeglichen ein reiches Land –
Sind groß und herrlich, laß sie ziehen!
Wir halten in der Mitte Stand.
Und sie beschützen um die Wette,
Rings um von Wellen angehüpft,
Nichtinsel dich, mit leichter Hügelkette
Europens letztem Bergast angeknüpft.
Das Land, vor aller Länder Sonnen
Sey ewig jedem Stamm beglückt,
Nun meiner Königin gewonnen,
Das früh an ihr hinaufgeblickt.
Als, mit Eurotas Schilfgeflüster,
Sie leuchtend aus der Schale brach,
Der hohen Mutter, dem Geschwister
Das Licht der Augen überstach.
Dieß Land, allein zu dir gekehret,
Entbietet seinen höchsten Flor;
Dem Erdkreis, der dir angehöret,
Dein Vaterland, o zieh’ es vor!
Und duldet auch auf seiner Berge Rücken
Das Zackenhaupt der Sonne kalten Pfeil,
Läßt nun der Fels sich angegrünt erblicken,
Die Ziege nimmt genäschig kargen Theil.
Die Quelle springt, vereinigt stürzen Bäche,
Und schon sind Schluchten, Hänge, Matten grün.
Auf hundert Hügeln unterbrochner Fläche
Siehst Wollenheerden ausgebreitet ziehn.
Vertheilt, vorsichtig, abgemessen schreitet
Gehörntes Rind hinan zum jähen Rand,
Doch Obdach ist den sämmtlichen bereitet,
Zu hundert Höhlen wölbt sich Felsenwand.
Pan schützt sie dort und Lebensnymphen wohnen
In buschiger Klüfte feucht erfrischtem Raum,
Und, sehnsuchtsvoll nach höhern Regionen,
Erhebt sich zweighaft Baum gedrängt an Baum.
Alt-Wälder sind’s! die Eiche starret mächtig,
Und eigensinnig zackt sich Ast an Ast;
Der Ahorn mild, von süßem Safte trächtig,
Steigt rein empor und spielt mit seiner Last.
Und mütterlich im stillen Schattenkreise
Quillt laue Milch bereit für Kind und Lamm;
Obst ist nicht weit, der Ebnen reife Speise,
Und Honig trieft vom ausgehöhlten Stamm.
Hier ist das Wohlbehagen erblich,
Die Wange heitert wie der Mund,
Ein jeder ist an seinem Platz unsterblich,
Sie sind zufrieden und gesund.
Und so entwickelt sich am reinen Tage
Zu Vaterkraft das holde Kind.
Wir staunen drob; noch immer bleibt die Frage:
Ob’s Götter, ob es Menschen sind?
So war Apoll den Hirten zugestaltet
Daß ihm der schönsten einer glich;
Denn wo Natur im reinen Kreise waltet
Ergreifen alle Welten sich.

(Neben ihr sitzend.)

So ist es mir, so ist es dir gelungen,
Vergangenheit sey hinter uns gethan;
O fühle dich vom höchsten Gott entsprungen,
Der ersten Welt gehörst du einzig an.
Nicht feste Burg soll dich umschreiben!
Noch zirkt, in ewiger Jugendkraft
Für uns, zu wonnevollem Bleiben,
Arkadien in Sparta’s Nachbarschaft.
Gelockt auf seligem Grund zu wohnen
Du flüchtetest in’s heiterste Geschick!
Zur Laube wandeln sich die Thronen,
Arkadisch frei sey unser Glück!

(Der Schauplatz verwandelt sich durchaus.
An eine Reihe von Felsenhöhlen lehnen sich geschlossene Lauben.
Schattiger Hain bis an die rings umgebende Felsensteile hinan.
Faust und Helena werden nicht gesehen.
Der Chor liegt schlafend vertheilt umher.)

Phorkyas.

Wie lange Zeit die Mädchen schlafen weiß ich nicht,
Ob sie sich träumen ließen was ich hell und klar
Vor Augen sah, ist ebenfalls mir unbekannt.
Drum weck’ ich sie. Erstaunen soll das junge Volk;
Ihr Bärtigen auch, die ihr da drunten sitzend harrt,
Glaubhafter Wunder Lösung endlich anzuschaun.
Hervor! hervor! Und schüttelt eure Locken rasch;
Schlaf aus den Augen! Blinzt nicht so, und hört mich an!

Chor.

Rede nur, erzähl’, erzähle was sich Wunderlich’s begeben,
Hören möchten wir am liebsten was wir gar nicht glauben können,
Denn wir haben lange Weile diese Felsen anzusehn.

Phorkyas.

Kaum die Augen ausgerieben, Kinder, langeweilt ihr schon?
So vernehmt: in diesen Höhlen, diesen Grotten, diesen Lauben
Schutz und Schirmung war verliehen, wie idyllischem Liebespaare,
Unserm Herrn und unsrer Frauen.

Chor.

Wie, da drinnen?

Phorkyas.

Abgesondert
Von der Welt, nur mich die Eine riefen sie zu stillem Dienste.
Hochgeehrt stand ich zur Seite, doch, wie es Vertrauten ziemet,
Schaut’ ich um nach etwas andrem. Wendete mich hier- und dorthin,
Suchte Wurzeln, Moos und Rinden, kundig aller Wirksamkeiten,
Und so blieben sie allein.

Chor.

Thust du doch als ob da drinnen ganze Weltenräume wären,
Wald und Wiese, Bäche, Seen; welche Mährchen spinnst du ab!

Phorkyas.

Allerdings, ihr Unerfahrnen! das sind unerforschte Tiefen:
Saal an Sälen, Hof an Höfen, diese spürt’ ich sinnend aus.
Doch auf einmal ein Gelächter echo’t in den Höhlen-Räumen;
Schau’ ich hin, da springt ein Knabe von der Frauen Schoß zum Manne,
Von dem Vater zu der Mutter; das Gekose, das Getändel
Thöriger Liebe Neckereyen, Scherzgeschrei und Lustgejauchze
Wechselnd übertäuben mich.
Nackt ein Genius ohne Flügel, faunenartig ohne Thierheit
Springt er auf den festen Boden, doch der Boden gegenwirkend
Schnellt ihn zu der luftigen Höhe, und im zweyten dritten Sprunge
Rührt er an das Hochgewölb.
Aengstlich ruft die Mutter: springe wiederholt und nach Belieben,
Aber hüte dich zu fliegen, freier Flug ist dir versagt.
Und so mahnt der treue Vater: in der Erde liegt die Schnellkraft,
Die dich aufwärts treibt, berühre mit der Zehe nur den Boden
Wie der Erdensohn Antäus bist du alsobald gestärkt.
Und so hüpft er auf die Masse dieses Felsens, von der Kante
Zu dem andern und umher so wie ein Ball geschlagen springt.
Doch auf einmal in der Spalte rauher Schlucht ist er verschwunden,
Und nun scheint er uns verloren. Mutter jammert, Vater tröstet,
Achselzuckend steh’ ich ängstlich. Doch nun wieder welch Erscheinen!
Liegen Schätze dort verborgen? Blumenstreifige Gewande
Hat er würdig angethan.
Quasten schwanken von den Armen, Binden flattern um den Busen,
In der Hand die goldne Leyer, völlig wie ein kleiner Phöbus,
Tritt er wohlgemuth zur Kante, zu dem Ueberhang; wir staunen.
Und die Eltern vor Entzücken werfen wechselnd sich an’s Herz.
Denn wie leuchtet’s ihm zu Haupten? Was erglänzt ist schwer zu sagen,
Ist es Goldschmuck, ist es Flamme übermächtiger Geisteskraft.
Und so regt er sich gebärdend, sich als Knabe schon verkündend
Künftigen Meister alles Schönen, dem die ewigen Melodieen
Durch die Glieder sich bewegen; und so werdet ihr ihn hören,
Und so werdet ihr ihn sehn zu einzigster Bewunderung.

Chor.

Nennst du ein Wunder dieß,
Creta’s Erzeugte?
Dichtend belehrendem Wort
Hast du gelauscht wohl nimmer?
Niemals noch gehört Ioniens,
Nie vernommen auch Hellas
Urväterlicher Sagen
Göttlich-heldenhaften Reichthum?
Alles was je geschieht
Heutiges Tages
Trauriger Nachklang ist’s
Herrlicher Ahnherrn-Tage;
Nicht vergleicht sich dein Erzählen
Dem, was liebliche Lüge,
Glaubhaftiger als Wahrheit,
Von dem Sohne sang der Maja.
Diesen zierlich und kräftig doch
Kaum geborenen Säugling
Faltet in reinster Windeln Flaum,
Strenget in köstlicher Wickeln Schmuck
Klatschender Wärterinnen Schaar
Unvernünftigen Wähnens.
Kräftig und zierlich aber zieht
Schon der Schalk die geschmeidigen
Doch elastischen Glieder
Listig heraus, die purpurne
Aengstlich drückende Schale
Lassend ruhig an seiner Statt,
Gleich dem fertigen Schmetterling,
Der aus starrem Puppenzwang
Flügel entfaltend behendig schlüpft,
Sonne-durchstrahlten Aether kühn
Und muthwillig durchflatternd.
So auch er, der behendeste,
Daß er Dieben und Schälken,
Vortheil suchenden allen auch
Ewig günstiger Dämon sey,
Dieß bethätigt er alsobald
Durch gewandteste Künste.
Schnell des Meeres Beherrscher stiehlt
Er den Trident, ja dem Ares selbst
Schlau das Schwert aus der Scheide,
Bogen und Pfeil dem Phöbus auch,
Wie dem Hephästos die Zange;
Selber Zeus, des Vaters, Blitz
Nähm’ er, schreckt’ ihn das Feuer nicht;
Doch dem Eros siegt er ob
In beinstellendem Ringerspiel.
Raubt auch Cyprien, wie sie ihm kos’t,
Noch vom Busen den Gürtel.

(Ein reizendes, reinmelodisches Saitenspiel erklingt aus der Höhle.
Alle merken auf und scheinen bald innig gerührt. Von hier
an bis zur bemerkten Pause durchaus mit vollstimmiger Musik.)

Phorkyas.

Höret allerliebste Klänge,
Macht euch schnell von Fabeln frei,
Eurer Götter alt Gemenge
Laßt es hin, es ist vorbei.
Niemand will euch mehr verstehen,
Fordern wir doch höhern Zoll:
Denn es muß von Herzen gehen,
Was auf Herzen wirken soll.

(Sie zieht sich nach dem Felsen zurück.)

Chor.

Bist du fürchterliches Wesen
Diesem Schmeichelton geneigt,
Fühlen wir als frisch genesen,
Uns zur Thränenlust erweicht.
Laß der Sonne Glanz verschwinden,
Wenn es in der Seele tagt,
Wir im eignen Herzen finden
Was die ganze Welt versagt.

Helena. Faust. Euphorion

(in dem oben beschriebenen Costume).

Euphorion.

Hört ihr Kindeslieder singen,
Gleich ist’s euer eigner Scherz;
Seht ihr mich im Tacte springen,
Hüpft euch elterlich das Herz.

Helena.

Liebe, menschlich zu beglücken,
Nähert sie ein edles Zwey;
Doch zu göttlichem Entzücken
Bildet sie ein köstlich Drey.

Faust.

Alles ist sodann gefunden:
Ich bin dein und du bist mein;
Und so stehen wir verbunden,
Dürft’ es doch nicht anders seyn!

Chor.

Wohlgefallen vieler Jahre
In des Knaben mildem Schein
Sammelt sich auf diesem Paare.
O! wie rührt mich der Verein.

Euphorion.

Nun laßt mich hüpfen,
Nun laßt mich springen,
Zu allen Lüften
Ist mir Begierde,
Sie faßt mich schon.

Faust.

Nur mäßig! mäßig!
Nicht in’s Verwegne,
Daß Sturz und Unfall
Dir nicht begegne,
Zu Grund’ uns richte
Der theure Sohn.

Euphorion.

Ich will nicht länger
Am Boden stocken;
Laßt meine Hände,
Laßt meine Locken,
Laßt meine Kleider,
Sie sind ja mein.

Helena.

O denk’! o denke
Wem du gehörest!
Wie es uns kränke,
Wie du zerstörest
Das schön errungene
Mein, Dein und Sein.

Chor.

Bald lös’t, ich fürchte,
Sich der Verein!

Helena und Faust.

Bändige! bändige,
Eltern zu Liebe,
Ueberlebendige
Heftige Triebe!
Ländlich im Stillen
Ziere den Plan.

Euphorion.

Nur euch zu Willen
Halt’ ich mich an.

(Durch den Chor sich schlingend und ihn zum Tanz fortziehend.)

Leichter umschweb’ ich hie,
Muntres Geschlecht.
Ist nun die Melodie,
Ist die Bewegung recht?

Helena.

Ja, das ist wohlgethan,
Führe die Schönen an
Künstlichem Reihn.

Faust.

Wäre das doch vorbei!
Mich kann die Gaukeley
Gar nicht erfreun.

Euphorion und Chor

(tanzend und singend bewegen sich in verschlungenen Reihen).

Wenn du der Arme Paar
Lieblich bewegest;
Im Glanz dein lockig Haar
Schüttelnd erregest,
Wenn dir der Fuß so leicht
Ueber die Erde schleicht,
Dort und da wieder hin
Glieder um Glied sich ziehn,
Hast du dein Ziel erreicht
Liebliches Kind;
All’ unsre Herzen sind
All’ dir geneigt.

(Pause.)

Euphorion.

Ihr seyd so viele
Leichtfüßige Rehe,
Zu neuem Spiele
Frisch aus der Nähe,
Ich bin der Jäger,
Ihr seyd das Wild.

Chor.

Willst du uns fangen
Sey nicht behende,
Denn wir verlangen
Doch nur am Ende
Dich zu umarmen
Du schönes Bild.

Euphorion.

Nur durch die Haine!
Zu Stock und Steine!
Das leicht Errungene
Das widert mir,
Nur das Erzwungene
Ergötzt mich schier.

Helena und Faust.

Welch ein Muthwill, welch ein Rasen!
Keine Mäßigung ist zu hoffen,
Klingt es doch wie Hörnerblasen
Ueber Thal und Wälder dröhnend,
Welch ein Unfug! Welch Geschrei!

Chor

(einzeln schnell eintretend).

Uns ist er vorbei gelaufen;
Mit Verachtung uns verhöhnend,
Schleppt’ er von dem ganzen Haufen
Nun die wildeste herbei.

Euphorion

(ein junges Mädchen hereintragend).

Schlepp’ ich her die derbe Kleine
Zu erzwungenem Genusse.
Mir zur Wonne, mir zur Lust
Drück’ ich widerspenstige Brust,
Küss’ ich widerwärtigen Mund,
Thue Kraft und Willen kund.

Mädchen.

Laß mich los! In dieser Hülle
Ist auch Geistes Muth und Kraft;
Deinem gleich ist unser Wille
Nicht so leicht hinweggerafft.
Glaubst du wohl mich im Gedränge?
Deinem Arm vertraust du viel!
Halte fest, und ich versenge
Dich den Thoren mir zum Spiel.
(Sie flammt auf und lodert in die Höhe.)
Folge mir in leichte Lüfte,
Folge mir in starre Grüfte,
Hasche das verschwundne Ziel.

Euphorion

(die letzten Flammen abschüttelnd).

Felsengedränge hier
Zwischen dem Waldgebüsch,
Was soll die Enge mir,
Bin ich doch jung und frisch.
Winde sie sausen ja,
Wellen sie brausen da;
Hör’ ich doch beides fern,
Nah wär’ ich gern.

(Er springt immer höher Fels auf.)

Helena, Faust und Chor.

Wolltest du den Gemsen gleichen?
Vor dem Falle muß uns graun.

Euphorion.

Immer höher muß ich steigen,
Immer weiter muß ich schaun.
Weiß ich nun wo ich bin!
Mitten der Insel drinn,
Mitten in Pelops Land,
Erde- wie seeverwandt.

Chor.

Magst nicht in Berg und Wald
Friedlich verweilen,
Suchen wir alsobald
Reben in Zeilen,
Reben am Hügelrand;
Feigen und Apfelgold.
Ach, in dem holden Land
Bleibe du hold!

Euphorion.

Träumt ihr den Friedenstag?
Träume wer träumen mag.
Krieg ist das Losungswort!
Sieg! und so klingt es fort.

Chor.

Wer im Frieden
Wünschet sich Krieg zurück,
Der ist geschieden
Vom Hoffnungsglück.

Euphorion.

Welche dieß Land gebar
Aus Gefahr in Gefahr,
Frei, unbegränzten Muths,
Verschwendrisch eignen Bluts,
Mit nicht zu dämpfendem
Heiligem Sinn,
Alle den Kämpfenden
Bring’ es Gewinn!

Chor.

Seht hinauf wie hoch gestiegen!
Und erscheint uns doch nicht klein.
Wie im Harnisch, wie zum Siegen,
Wie von Erz und Stahl der Schein.

Euphorion.

Keine Welle, keine Mauern,
Jeder nur sich selbst bewußt;
Feste Burg um auszudauern
Ist des Mannes eh’rne Brust.
Wollt ihr unerobert wohnen,
Leicht bewaffnet rasch in’s Feld;
Frauen werden Amazonen
Und ein jedes Kind ein Held.

Chor.

Heilige Poesie
Himmelan steige sie!
Glänze, der schönste Stern,
Fern und so weiter fern,
Und sie erreicht uns doch
Immer, man hört sie noch,
Vernimmt sie gern.

Euphorion.

Nein, nicht ein Kind bin ich erschienen,
In Waffen kommt der Jüngling an!
Gesellt zu Starken, Freien, Kühnen,
Hat er im Geiste schon gethan.
Nun fort!
Nun dort
Eröffnet sich zum Ruhm die Bahn.

Helena und Faust.

Kaum in’s Leben eingerufen,
Heitrem Tag gegeben kaum,
Sehnest du von Schwindelstufen
Dich zu schmerzenvollem Raum.
Sind denn wir
Gar nichts dir?
Ist der holde Bund ein Traum?

Euphorion.

Und hört ihr donnern auf dem Meere?
Dort wiederdonnern Thal um Thal,
In Staub und Wellen, Heer dem Heere,
In Drang um Drang zu Schmerz und Qual.
Und der Tod
Ist Gebot,
Das versteht sich nun einmal.

Helena, Faust und Chor.

Welch Entsetzen! welches Grauen!
Ist der Tod denn dir Gebot?

Euphorion.

Sollt’ ich aus der Ferne schauen?
Nein! ich theile Sorg’ und Noth.

Die Vorigen.

Uebermuth und Gefahr!
Tödtliches Loos.

Euphorion.

Doch! – und ein Flügelpaar
Faltet sich los!
Dorthin! Ich muß! ich muß!
Gönn’t mir den Flug!

(Er wirft sich in die Lüfte, die Gewande tragen ihn einen Augenblick,
sein Haupt strahlt, ein Lichtschweif zieht nach.)

Chor.

Ikarus! Ikarus!
Jammer genug.

(Ein schöner Jüngling stürzt zu der Eltern Füßen,
man glaubt in dem Todten eine bekannte Gestalt zu erblicken;
doch das Körperliche verschwindet sogleich,
die Aureole steigt wie ein Komet zum Himmel auf, Kleid, Mantel
und Lyra bleiben liegen.)

Helena und Faust.

Der Freude folgt sogleich
Grimmige Pein.

Euphorions

(Stimme aus der Tiefe).

Laß mich im düstern Reich
Mutter mich nicht allein!

(Pause.)

Chor.

(Trauergesang.)

Nicht allein! – wo du auch weilest,
Denn wir glauben dich zu kennen,
Ach! wenn du dem Tag enteilest
Wird kein Herz von dir sich trennen.
Wüßten wir doch kaum zu klagen,
Neidend singen wir dein Loos:
Dir in klar’ und trüben Tagen
Lied und Muth war schön und groß.
Ach! zum Erdenglück geboren,
Hoher Ahnen, großer Kraft,
Leider! früh dir selbst verloren,
Jugendblüthe weggerafft.
Scharfer Blick die Welt zu schauen,
Mitsinn jedem Herzensdrang,
Liebesgluth der besten Frauen
Und ein eigenster Gesang.
Doch du ranntest unaufhaltsam
Frei in’s willenlose Netz,
So entzweytest du gewaltsam
Dich mit Sitte, mit Gesetz;
Doch zuletzt das höchste Sinnen
Gab dem reinen Muth Gewicht,
Wolltest Herrliches gewinnen,
Aber es gelang dir nicht.
Wem gelingt es? – Trübe Frage,
Der das Schicksal sich vermummt,
Wenn am unglückseligsten Tage
Blutend alles Volk verstummt.
Doch erfrischet neue Lieder,
Steht nicht länger tief gebeugt;
Denn der Boden zeugt sie wieder,
Wie von je er sie gezeugt.

(Völlige Pause. Die Musik hört auf.)

Helena (zu Faust).

Ein altes Wort bewährt sich leider auch an mir:
Daß Glück und Schönheit dauerhaft sich nicht vereint.
Zerrissen ist des Lebens wie der Liebe Band;
Bejammernd beide, sag’ ich schmerzlich Lebewohl!
Und werfe mich noch einmal in die Arme dir.
Persephoneia nimm den Knaben auf und mich.

(Sie umarmt Faust, das Körperliche verschwindet,
Kleid und Schleier bleiben ihm in den Armen.)

Phorkyas (zu Faust).

Halte fest was dir von allem übrig blieb.
Das Kleid laß es nicht los. Da zupfen schon
Dämonen an den Zipfeln, möchten gern
Zur Unterwelt es reißen. Halte fest!
Die Göttin ist’s nicht mehr die du verlorst,
Doch göttlich ist’s. Bediene dich der hohen
Unschätzbar’n Gunst und hebe dich empor,
Es trägt dich über alles Gemeine rasch
Am Aether hin, so lange du dauern kannst.
Wir sehn uns wieder, weit gar weit von hier.

(Helenens Gewande lösen sich in Wolken auf, umgeben Faust,
heben ihn in die Höhe und ziehen mit ihm vorüber.)

Phorkyas

(nimmt Euphorions Kleid, Mantel und Lyra von der Erde,
tritt in’s Proscenium, hebt die Exuvien in die Höhe und spricht).

Noch immer glücklich aufgefunden!
Die Flamme freilich ist verschwunden,
Doch ist mir um die Welt nicht leid.
Hier bleibt genug Poeten einzuweihen,
Zu stiften Gild- und Handwerksneid.
Und kann ich die Talente nicht verleihen,
Verborg’ ich wenigstens das Kleid.

(Sie setzt sich im Proscenium an eine Säule nieder).

Panthalis.

Nun eilig Mädchen! Sind wir doch den Zauber los,
Der alt-thessalischen Vettel wüsten Geisteszwang;
So des Geklimpers viel-verworrner Töne Rausch,
Das Ohr verwirrend, schlimmer noch den innern Sinn.
Hinab zum Hades! Eilte doch die Königin
Mit ernstem Gang hinunter. Ihrer Sohle sey
Unmittelbar getreuer Mägde Schritt gefügt.
Wir finden sie am Throne der Unerforschlichen.

Chor.

Königinnen freilich überall sind sie gern;
Auch im Hades stehen sie oben an,
Stolz zu ihres Gleichen gesellt,
Mit Persephonen innigst vertraut;
Aber wir im Hintergrunde
Tiefer Asphodelos-Wiesen,
Langgestreckten Pappeln,
Unfruchtbaren Weiden zugesellt,
Welchen Zeitvertreib haben wir?
Fledermaus gleich zu pipsen,
Geflüster, unerfreulich, gespenstig.

Chorführerin.

Wer keinen Namen sich erwarb, noch Edles will,
Gehört den Elementen an, so fahret hin!
Mit meiner Königin zu seyn verlangt mich heiß;
Nicht nur Verdienst, auch Treue wahrt uns die Person.

(Ab.)

Alle.
Zurückgegeben sind wir dem Tageslicht,
Zwar Personen nicht mehr,
Das fühlen, das wissen wir,
Aber zum Hades kehren wir nimmer.
Ewig lebendige Natur
Macht auf uns Geister,
Wir auf sie vollgültigen Anspruch.

Ein Theil des Chors.

Wir in dieser tausend Aeste Flüsterzittern, Säuselschweben,
Reizen tändelnd, locken leise, wurzelauf des Lebens Quellen
Nach den Zweigen; bald mit Blättern, bald mit Blüthen überschwenglich
Zieren wir die Flatterhaare frei zu luftigem Gedeihn.
Fällt die Frucht, sogleich versammeln, lebenslustig Volk und Heerden
Sich zum Greifen, sich zum Naschen, eilig kommend, emsig drängend.
Und, wie vor den ersten Göttern, bückt sich alles um uns her.

Ein andrer Theil.

Wir an dieser Felsenwände weithinleuchtend glattem Spiegel
Schmiegen wir, in sanften Wellen uns bewegend, schmeichelnd an;
Horchen, lauschen jedem Laute, Vogelsingen, Röhrigflöten;
Sey es Pans furchtbarer Stimme, Antwort ist sogleich bereit;
Säuselt’s, säuseln wir erwidernd, donnert’s, rollen unsre Donner
In erschütterndem Verdoppeln, dreyfach zehnfach hinten nach.

Ein dritter Theil.

Schwestern! Wir bewegtern Sinnes, eilen mit den Bächen weiter;
Denn es reizen jener Ferne reichgeschmückte Hügelzüge,
Immer abwärts, immer tiefer, wässern wir, mäandrisch wallend,
Jetzt die Wiese, dann die Matten, gleich den Garten um das Haus.
Dort bezeichnen’s der Cypressen schlanke Wipfel, über Landschaft,
Uferzug und Wellenspiegel nach dem Aether steigende.

Ein vierter Theil.

Wallt ihr andern wo’s beliebet, wir umzingeln, wir umrauschen
Den durchaus bepflanzten Hügel, wo am Stab die Rebe grünt;
Dort zu aller Tage Stunden läßt die Leidenschaft des Winzers
Uns des liebevollsten Fleißes zweifelhaft Gelingen sehn.
Bald mit Hacke, bald mit Spaten, bald mit Häufeln, Schneiden, Binden,
Betet er zu allen Göttern, vördersamst zum Sonnengott.
Bacchus kümmert sich, der Weichling, wenig um den treuen Diener,
Ruht in Lauben, lehnt in Höhlen, faselnd mit dem jüngsten Faun.
Was zu seiner Träumereyen halbem Rausch er je bedurfte,
Immer bleibt es ihm in Schläuchen, ihm in Krügen und Gefäßen,
Rechts und links der kühlen Grüfte ewige Zeiten aufbewahrt.
Haben aber alle Götter, hat nun Helios vor allen,
Lüftend, feuchtend, wärmend, gluthend, Beeren-Füllhorn aufgehäuft,
Wo der stille Winzer wirkte, dort auf einmal wird’s lebendig,
Und es rauscht in jedem Laube, raschelt um von Stock zu Stock.
Körbe knarren, Eimer klappern, Tragebutten ächzen hin,
Alles nach der großen Kufe zu der Keltrer kräftigem Tanz;
Und so wird die heilige Fülle reingeborner saftiger Beeren
Frech zertreten; schäumend, sprühend mischt sich’s widerlich zerquetscht.
Und nun gellt in’s Ohr der Cymbeln mit der Becken Erzgetöne,
Denn es hat sich Dionysos aus Mysterien enthüllt;
Kommt hervor mit Ziegenfüßlern, schwenkend Ziegenfüßlerinnen,
Und dazwischen schreit unbändig grell Silenus öhrig Thier.
Nichts geschont! Gespaltne Klauen treten alle Sitte nieder,
Alle Sinne wirbeln taumlich, gräßlich übertäubt das Ohr.
Nach der Schale tappen Trunkne, überfüllt sind Kopf und Wänste,
Sorglich ist noch ein und andrer, doch vermehrt er die Tumulte,
Denn um neuen Most zu bergen, leert man rasch den alten Schlauch!

(Der Vorhang fällt.)

Phorkyas

(im Proscenium richtet sich riesenhaft auf, tritt vor den Cothurnen herunter,
lehnt Maske und Schleier zurück und zeigt sich als Mephistopheles,
um, in sofern es nöthig wäre, im Epilog das Stück zu commentiren).


Theil 2. Akt 3. Vor dem Palaste des Menelas zu Sparta (Fortsetzung). «Faust» Goethe.

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Фрэнсис Бэкон

Без чтения нет настоящего образования, нет и не может быть ни вкуса, ни слова, ни многосторонней шири понимания; Гёте и Шекспир равняются целому университету. Чтением человек переживает века.
Александр Герцен



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